Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Die Auswahl der Cookies können Sie dabei selbst entscheiden. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen möglicherweise nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen. Weiterführende Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookies die wir verwenden

Hier können Sie Ihre Cookie-Einstellungen verwalten.

Notwendig
Google Analytics
So verwalten Sie Cookies


Löschen/Wiederrufen von Cookies
Sie können unter der Datenschutzerklärung Cookies jederzeit verwalten und Ihre Auswahl widerrufen.

Verwaltung Site-spezifischer Cookies
Wenn Sie wissen möchten, welche Site-spezifischen Cookies gespeichert wurden, prüfen Sie die Datenschutz- und Cookie-Einstellungen Ihres bevorzugten Browsers.

Cookies blockieren
In den meisten modernen Browsern können Sie einstellen, dass keine Cookies auf Ihrem Gerät abgelegt werden sollen. Der Nachteil ist, dass Sie jedes Mal, wenn Sie eine Website erneut besuchen, manuell Einstellungen vornehmen müssen. Einige Dienste und Funktionen dürften dann nicht richtig funktionieren (z. B. Anmeldung mit Ihrem Profil).

Akzeptieren Ablehnen

Hinterbliebenengeld für Angehörige

02.11.2021 10:06

 

Der Verkehrsunfall mit Todesfolge
Hinterbliebenengeld für Angehörige


Im Juli 2017 hat der Bundestag das „Gesetz zur Einführung eines Hinterbliebenengeldes“ beschlossen.


Was bedeutet das für Angehörige von Verkehrsunfalltoten?
Beim zum Tod führenden Verletzungen durch einen Unfall steht den nächsten Angehörigen ab dem 22.07.2017 die Zahlung eines Hinterbliebenengeldes zu. Alle Unfallereignisse vor diesem Datum fallen somit nicht unter diese Regelung. Für diese Fälle findet das Gesetz somit keine Anwendung.


Wer oder was sind „die nächsten Angehörige“?
a) § 844 Abs. 3 BGB besagt, dass ein besonderes persönliches Näheverhältnis vermutet wird, wenn der Hinterbliebene Ehegatte, Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind ist. Darüber hinaus können Verlobte, Stief- und Pflegekinder sowie Geschwister das Hinterbliebenengeld beanspruchen.


b) Großeltern, Schwiegereltern, Onkel, Tanten usw. können ebenfalls ein Hinterbliebenengeld beanspruchen, wenn ein entsprechendes Näheverhältnis dargelegt und begründet werden kann. Ausnahmsweise kann dies auch dann unter Freunden bestehen, sofern eine besondere enge Bindung durch viel gemeinsam verbrachte Zeit bestand, gemeinsam gelebt, gearbeitet wurde und gfls ein Abhängigkeitsverhältnis bestand.


Es ist somit eine tatsächlich gelebte soziale Beziehung erforderlich und es muss ein persönliches Näheverhältnis bestanden haben mit einer über die üblichen Bindungen hinausgehenden Intensität.


Wie hoch ist das Hinterbliebenengeld?
Die Höhe des Hinterbliebenengeldes wurde vom Gesetzgeber „in das Ermessen der Gerichte“ gestellt. Schon im Vorfeld wurden hier erhebliche Bedenken geäußert. Denn dies bedeutet, dass letztlich jedes Gericht willkürlich und nach Gutdünken irgendeinen Betrag „X“ zusprechen kann. Dadurch kommt es zu erheblich unterschiedlich zugesprochenen Beträgen, obwohl es kaum einen Sachverhalt gibt, der nahezu immer gleich ist, nämlich: Tod durch Unfall – dadurch verursachtes seelisches Leid. Für das erlittene seelische Leid, sollte den nächsten Angehörigen eine Entschädigung gezahlt werden.


Aus der nachfolgenden Aufstellung der bislang bekannten Urteile ergibt sich allerdings, welch große Unterschiede vorliegen, obwohl der Sachverhalt: Tod durch Unfall, Gewalttat oder ärztlicher Fehlbehandlung mit Todesfolge und das dadurch verursachtes seelische Leid immer identisch ist.


Bislang haben Gerichte wie folgt entschieden:


2.000,00 € LG Osnabrück Urteil vom 09.01.2019 Adhäsionsverfahren (Mord)


3.000,00 € LG Osnabrück Urteil vom 17.05.2019 Schwiegermutter


3.000,00 € LG München II Urteil vom 17.05.2019 Schwiegertochter der Verstorbenen


5.000,00 € LG München Urteil vom 17.05.2018 für erwachsenen Sohnes der Verstorbenen
5.000,00 € LG Tübingen Urteil vom 17.05.2019 erwachsener Bruder m. wöchentlichem Kontakt
5.000,00 € AG Passau Urteil vom 03.12.2019 13 Monate alte Enkeltochter
5.000,00 € AG Passau Urteil vom 22.11.2019 5 Jahre alter Enkel
5.000,00 € OLG Koblenz Beschluss vom 31.08.2020 – Mithaftung für Vater eines verstorbenen Jungen


6.500,00 € LG Flensburg Urteil vom 09.07.2020 **** OLG Schleswig hielt nach Rechtsmittel insgesamt 10.000 € für gerechtfertigt (s.u.)


7.500,00 € LG Tübingen Urteil vom 17.05.2019 für jeweils volljährige Kinder


8.000,00 € LG Paderborn Urteil vom 03.01.2020 erwachsener Sohn
8.000,00 € LG Münster Urteil vom 14.07.2020 – Mord an erwachsener Tochter
8.000,00 € OLG Koblenz Urteil vom 24.04.2020 für Schwiegermutter der Verstorbenen besonderes enges Verhältnis *** Urteil nicht rechtskräftig – Verfahren beim BGH anhängig. s. u.

 

10.000,00 € OLG Koblenz Beschluss vom 31.08.2020 (als „Richtschnur“)
10.000,00 € LG Wiesbaden Beschluss vom 23.10.2018 für Ehemann einer Verstorbenen
10.000,00 € OLG Schleswig Urteil vom 23.02.2021 für Tochter des tödlich verunglückten Vaters **** Berufungsurteil LG Flensburg

 

12.000,00 € LG Tübingen Urteil vom 17.05.2019 für Witwe langjährig verheiratet
12.000,00 € LG Aachen Urteil vom 01.07.2021 für vollj. Tochter nach Tod des Vaters Berufungsverfahren ist anhängig-keine Rechtskraft

 

15.000,00 € LG Leipzig Urteil vom 08.11.2019 je Elternteil für Unfalltod der minderj. einzigen Tochter
15.000,00 € LG Regensburg Urteil vom 16-12-2020 Totschlag; für Tochter einer Verstorbenen

 

25.000,00 € LG Düsseldorf Urteil vom 26.07.2018 Ehemann – Arztfehler


Die bislang bekannten gerichtlichen Entscheidungen zum Hinterbliebenengeld zeigen, dass es offenbar darauf ankommt, wer gerade die „Entscheidung nach billigem Ermessen“ zu treffen hat. Tod und damit verbundenes seelisches Leid dürften kaum unterschiedlicher sein, so dass derartige Unterschiede in der Urteilsfindung nicht nachvollziehbar sind.


Wann wird kein Hinterbliebenengeld gezahlt?
Bekanntlich ist ein Hinterbliebenengeld zu zahlen, wenn ein persönliches Näheverhältnis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bestand. Die Vermutung kann vom Schädiger widerlegt werden – was er zu beweisen hätte – wenn

  • ein Scheidungsverfahren anhängig war (vergl. Urteil LG Traunstein vom 11.2.2020)
  • Getrenntleben mit Scheidungsabsicht (hier kann Versöhnungsversuch eingewandt werden)
  • Entfremdung zwischen Eltern und Kindern durch Kontaktabbruch
  • Enterbung.


Darüber hinaus ist es fraglich, ob

  • Ungeborene
  • Säuglinge
  • Demenzkranke oder
  • Menschen mit schwerer geistiger Behinderung

einen derartigen Anspruch haben, weil sie nicht in der Lage sind, „seelisches Leid“ zu empfinden (so Urteil des OLG München vom 5.8.2021). Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung insoweit weiter entwickelt.


Ein zum Verletzungszeitpunkt gezeugtes, aber noch nicht geborene Kind hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenengeld, da die Rechtsfähigkeit des Menschen nach § 1 BGB erst mit der Geburt beginnt (vergl. Urteil des OLG München vom 5.8.2021).
Die Landgerichte Koblenz (Urteil vom 24.4.2020) und Mainz (Urteil vom 2.9.2020) haben in ihren Urteilen den Standpunkt vertreten, dass beim Vorliegen eines Arbeitsunfalles und der damit verbundenen Haftungsprivilegierung nach den §§ 104 ff. SGB VII von einem Haftungsausschluss auszugehen sei. Gegen das Urteil des LG Koblenz wurde Berufung eingelegt. Das OLG hat mit Urteil vom 21.12.2020 die Entscheidung des LG aufgehoben und der Klägerin für den Unfalltod ihrer Schwiegertochter ein Schmerzensgeld von 8.000 € zugesprochen. Da der Sachverhalt bislang vom BGH noch nicht entschieden wurde, wurde die Revision zugelassen, die beim BGH unter dem anhängig ist. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH sich positioniert.


Was ist bei einer Mithaftung zu beachten?
Sofern eine Mithaftung gegeben ist, ist die Mithaftungsquote auch bei der Zahlung des Hinterbliebenengeldes zu berücksichtigten. Die Hinterbliebenen erhalten das Hinterbliebenengeld dann entsprechend der Haftungsquote.


In welchen Fällen wird ebenfalls ein Hinterbliebenengeld gezahlt?
Hinterbliebenengeld erhalten nicht nur Angehörige von Verkehrsunfallopfern, sondern auch Angehörige von Verstorbenen durch einen ärztlichen Behandlungsfehler. Ist also ein Angehöriger nach einem medizinischen Eingriff an den Folgen verstorben, können auch dessen Hinterbliebene ein Hinterbliebenengeld fordern. Dies gilt auch für Hinterbliebene, die durch Mord und Totschlag einen Angehörigen verloren haben.


Was ist mit Angehörigen von Opfern nach Terror- oder extremistischem Anschlag?
Auch in diesen Fällen erhalten die Angehörigen ein Hinterbliebenengeld. Im Gegensatz zu den übrigen Betroffenen hat die Bundesregierung hier allerdings nach dem im Jahre 2018 beschlossenen Haushaltsgesetz deutliche höherer Beträge vorgesehen und konkrete Vorgaben gemacht. Für Ehepartner, Kinder und Eltern von verstorbenen Anschlagsopfern sind Beträge von 30.000 € vorgesehen. Geschwister sollen Beträge von 15.000 € erhalten.


Diese Regelung sollte auch für Angehörige von Verkehrsunfalltoten bzw. Toten durch fehlerhafte ärztliche Behandlung eingeführt werden. Ob hier ansonsten der Gleichheitsgrundsatz verletzt wurde bleibt abzuwarten. DIVO wird jedenfalls versuchen, dass die Angehörigen von Verkehrsunfalltoten gleichbehandelt werden.


Fazit
Die Durchsetzung des Hinterbliebenengeldes ist nicht immer frei von Hindernissen, insbesondere was die Höhe und die Fallgruppen betrifft. Gerade wenn die gesetzliche Vermutung des Näheverhältnisses nicht greift, kommt es darauf an, die tatsächlich gelebte soziale Beziehung konkret darzustellen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Die Einschaltung eines auf Personengroßschäden spezialisierten Rechtsanwaltes ist daher in der Regel empfehlenswert.


Übrigens:
Durch eine Mitgliedschaft von 40 € im Jahr kann unsere Tätigkeit unterstützt werden.
Darüber hinaus sind weitere Informationen auf unserer Website www.divo.de abrufbar.